Anorexia nervosa

Bei der Anorexia nervosa (AN) kommt es aufgrund von strikt reduzierter Nahrungsaufnahme zu einer Gewichtsabnahme in den untergewichtigen Bereich. Es liegt ein BMI (Body Mass Index) von 17,5 kg/m2 oder darunter vor. Dies wäre beispielsweise bei einer betroffenen Person gegeben, die/der bei einer Körpergröße von 170 cm ein Gewicht von 50 kg erzielt (50 : 1,702 = 17,3). Dennoch fühlen sich die meisten Betroffenen weiterhin zu dick und streben eine weitere Gewichtsabnahme an. Eine Zufriedenheit mit dem erzielten Gewicht stellt sich selten ein, häufig wird das Gewichtsziel schrittweise „nach unten“ angepasst. Die Gewichtsabnahme wird von einigen Betroffenen durch restriktives Essverhalten und körperliche Aktivität, wie Joggen, Radfahren oder Fitnesstraining erreicht. Bei einem Teil der Betroffenen stellt sich nach einer gewissen Zeit ein enormer Heißhunger ein, der zu Essanfällen führen kann. Dann werden in kurzer Zeit oftmals große Mengen an Nahrung, vor allem Süßigkeiten, zu sich genommen. Dieser Kontrollverlust und die Angst vor einer Gewichtszunahme führen dazu, dass das Gegessene dann meist erbrochen wird. Oder die Betroffenen setzen Abführmittel, Schilddrüsenpräparate, Entwässerungstabletten oder ähnliche Substanzen ein, um einer gefürchteten Gewichtszunahme entgegen zu wirken. In den meisten Fällen wird die Beschäftigung mit Figur und Gewicht zum Hauptlebensinhalt. Andere Belange, wie Ausbildung oder Beruf sowie soziale Kontakte werden vernachlässigt. Die Konzentration auf andere Themen fällt immer schwerer, die Stimmung verschlechtert sich in den meisten Fällen, körperliche Folgen der Mangelernährung, wie Kältegefühl, Haarausfall und Abnahme der Kondition stellen sich ein.

Unser Behandlungskonzept:

Da die oben genannten Symptome, wie Beschränkung des Denkens auf Figur und Aussehen und depressive Stimmung zum größten Teil durch das Untergewicht enorm verstärkt werden, bis zu dem Punkt, an dem die Betroffenen nicht mehr frei über sich entscheiden können, ist eine Gewichtszunahme in den unteren Normalgewichtsbereich (BMI 19 und größer) ein wesentliches Behandlungsziel. Um die Nahrungsaufnahme zu erleichtern, begleiten wir alle unsere Patientinnen und Patienten mit Essstörung beim Mittagessen therapeutisch am Esstisch. Es finden Beratungen durch eine Ernährungsphysiologin statt, die auch dabei unterstützt, wieder eine normale Portionsgröße einschätzen zu lernen. Zusammen mit den anderen Patientinnen und Patienten wird einmal in der Woche gemeinsam eingekauft und eine Mahlzeit zubereitet.
Parallel hierzu werden Probleme, die mit der Symptomatik in engem Zusammenhang stehen, wie zum Beispiel Ängste, Unsicherheiten und Selbstzweifel bearbeitet. Hierzu versuchen wir auch vorhandene Stärken und Kompetenzen für die genannten Bereiche verfügbar zu machen.  Die Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper ist ein weiterer wesentlicher Ansatzpunkt der Behandlung im späteren Verlauf. Hier kommen verschiedene Verfahren zum Einsatz, wie Spiegelexpositionen, Bearbeitung typischer Bewertungsmuster der Betroffenen, Reduktion von Vermeidungsverhalten und schrittweiser Aufbau angenehmer Aktivitäten. Gegen Ende der Behandlung erfolgt eine Vorbereitung auf schwierige Situationen im häuslichen Alltag und eine Zusammenfassung der erarbeiteten Bewältigungsmöglichkeiten. Die Behandlungsdauer hängt von dem Ausmaß des Untergewichts ab und kann zwischen acht Wochen und mehreren Monaten betragen. 

© Psychosomatik Uniklinikum Erlangen